Der Schimmelreiter (2019), nach der Novelle von Theodor Storm
Hans Otto Theater, Potsdam

  • Der Schimmelreiter - Katrin Plötner - Hans Otto Theater - Potsdam - Bild
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Fotos: Thomas M. Jauk

Du weißt wohl, Ole Peters, dass du mich verleumdest; du tust es dennoch, weil du überdies auch weißt, dass doch ein gut Teil des Schmutzes, womit du mich bewirfst, an mir wird hängenbleiben!



Es spielen: Marie-Thérese Fischer, Kristin Muthwill, Bettina Riebesel, Alina Wolff, Joachim Berger, David Hörning, Guido Lambrecht, René Schwittay und Moritz von Treuenfels


Bühne: Camilla Hägebarth


Kostüme: Johanna Hlawica


Musik: Markus Steinkellner


Dramaturgie: Bettina Jantzen

Regisseurin Katrin Plötner inszeniert Storms „Schimmelreiter“ als düsteres Gesellschaftspanorama. [...]
Elke und Hauke bilden in Katrin Plötners facettenreicher Inszenierung eine „Achse des Guten“ - sie praktizieren unabhängiges Denken und schätzen die Werte der Aufklärung. Und sie schaffen es in einem starken Spannungsbogen, einander ihre Zuneigung zu zeigen, diese zu nähren, zu halten und bis zum Ende zu verteidigen. Schon dafür hat es sich gelohnt, die Inszenierung von Katrin Plötner anzusehen, die dies schlaglichtartig erzählt. [...]
Bereits das Anfangsbild ist klasse. Auf dem grauen Halbkreis, der so schräg wie ein Deich raumgreifend auf die Bühne gebaut ist, bewegt sich ein Mensch. Er rennt - fast wie Sisyphos - immer wieder von unten nach oben, hinauf auf die Deichkrone. Hält dort kurz Ausschau, um dann zusammenzusacken und (anfangs) übermütig wie ein Kind nach unten zu rollen. Doch je öfter er diesen Vorgang wiederholt, umso hölzerner werden seine Bewegungen, bis er schließlich gekrümmt liegen bliebt. Ein Bild, das menschliches Leben fasst und durch die zwei Erzähler (Bettina Riebesel und Joachim Berger) kommentiert wird: „Jeder Mensch ist nur ein kleines Sandkorn in der Welt.“ Und trotz oder gerade wegen dieses erzählerischen Fatalismus rennt Hauke Haien - und auch wir rennen an diesem vorwiegend düster-dichten Abend mit ihm. [...]
Sein Gegenspieler Ole Peters [...] tut er alles, um den „Aufsteiger“ und seine Ideen zu verhindern. Die findet er bald in allen sozialen Schichten des Dorfes und in sogenannten Konventikeln. Heimlichen Vereinigungen weniger Gleichgesinnter, die sich in Bürgerwehren organisieren und des Nachts mit Fackeln und – den heutigen Fake News vergleichbaren - Geschichten durchs Land ziehen. Und die dann im Dunkeln oben auf dem Deich stehen und im Fackellicht „Wanke nicht mein Vaterland“ singen. Bedrückend und erhellend zugleich, wie sich Bilder und Zeitläufe gleichen können. Katrin Plötner seziert diesen dörflichen Mikrokosmos. Und sie zeigt, dass sich Ideen nur materialisieren lassen, wenn sich genügend Menschen finden, die diese unterstützen. Plötner zeigt aber auch, dass es wichtig ist, überhaupt alternative Ideen zu entwickeln, damit sich Gesellschaften insgesamt weiterentwickeln können.
Das meint auch das starke Schlussbild. Hauke und Elke werden von der angstvoll wütenden Meute auf die Deichkrone gehetzt. Doch dieses Paar leuchtet genau in diesem Moment am stärksten. Plötner feiert sie damit nicht als Opfer, sondern als Protagonisten einer Zukunftsvision. Und eine solche hat auch die gegenwärtige Gesellschaft bitter nötig, um beispielsweise nicht in den aufsteigenden Fluten des Klimawandels zu versinken.
Potsdamer Neueste Nachrichten

Sie singen: „Schleswig-Holstein, stammverwandt, wanke nicht, mein Vaterland!“ Ein schöner romantischer Chorsatz. In seiner leisen Wiederholung klingt er hier allerdings ziemlich grimmig. [...]
Am Ende sterben Hauke und seine Familie in einer Sturmflut. Warum? Bei Regisseurin Katrin Plötner sind die anderen Schuld: Wie in einer Hetzjagd (Achtung: Chemnitz!) treiben sie Hauke und Elke den Damm hinauf, bis sie gemeinsam in den Tod stürzen.
Plötner erzählt Storms Geschichte als „Volksfeind“-Version. Sie betont die fanatische Seite der Menschen: Statt in einer pietistischen Sekte rotten sie sich hier in einer christlichen Bürgerwehr zusammen, regen sich im Suff über die Obrigkeit auf, treffen sich mit Fackeln im Sturm. Reichsbürger außer Rand und Band.
Berliner Morgenpost

Katrin Plötner erzählt die Geschichte über viel Körpersprache und atmosphärische Szenen sowie einen unheilvollen Sound. [...]
Deutlich ist der Versuch der Regisseurin, mit dem Zusammenfinden unzufriedener Gegner Haukes auch auf heutige rechte Gruppierungen hinzuweisen. [...] So erlebte das Premierenpublikum eine ambitionierte Inszenierung.
Mäkische Oderzeitung